Prüftiefe bei der Satzungsfeststellung

Nach § 60a Abs. 6 AO kann das Finanzamt bei der satzungsmäßigen Feststellung der Gemeinnützigkeit auch Erkenntnisse heranziehen, die über die bloße Satzungsprüfung hinausgehen. Für neu gegründete Vereine kann das problematisch sein, wie ein Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg zeigt (Urteil vom 14.11.2023, 8 K 8198/22).

Der Fall betraf einen Verein mit dem Satzungszweck der Förderung des demokratischen Staatswesens. Der Satzungszweck sollte u.a. erfüllt werden durch die öffentliche Diskussion rechtlicher, insbesondere verfassungsrechtlicher Fragen und die Veröffentlichung von Erklärungen, mit denen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gestärkt werden. Der Verein beantrage beim Finanzamt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach § 60a AO.

Auf seiner Internetseite hatte der Verein Beiträge veröffentlicht, bei denen das Finanzamt keinen Satzungsbezug sah. Weil sich der Verein nach seiner Auffassung seit seiner Gründung fast ausschließlich mit solchen Themen beschäftigte und zudem einseitig, verweigerte es die Anerkennung der Gemeinnützigkeit.

Nach Auffassung des FG regelt § 60a Abs. 6 AO einen Ausnahmefall. Regelmäßig ist im Rahmen der Satzungsprüfung das Einbeziehen der „tatsächlichen Geschäftsführung“ ohne konkreten Anlass nicht erforderlich.

Aus § 60a Abs. 6 Satz 1 AO ergibt sich aber nach Auffassung des FG keine eingeschränkte Prüfungstiefe. Deswegen sind Prüfungsmaßstab für die „tatsächliche Geschäftsführung“ keineswegs nur „ordnungsmäßige Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben“.

Das FG hielt die genannten Erkenntnisse des Finanzamt zur tatsächlichen Geschäftsführung des Vereins für hinreichend. Der Verein verfolgte den Zweck der Förderung des demokratischen Staatswesens nämlich nicht ausschließlich.

Dieser Satzungszweck gebe keinen Raum, konkrete Problemfelder der Tagespolitik durchsetzen zu wollen. Damit lagen gerade Anhaltspunkte im Sinne von § 60a Abs. 6 AO vor, dass keinerlei besondere Förderungstätigkeit in Bezug auf das demokratische Staatswesen verfolgt wurde.

Die Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg ist für neu gegründete Organisationen problematisch. Danach könnte die Anerkennung der Gemeinnützigkeit schon dann verweigert werden, wenn irgendwie erkennbar ist, dass die Einrichtung (auch) satzungsfremde Zwecke betreibt.

Wie schon in anderen Fällen waren es auch hier Veröffentlichungen auf der Website, die das Finanzamt heranzog. Vereine im Gründungstadium sollten deswegen sehr vorsichtig mit derartigen Publikationen sein. Zwar kann das Finanzamt aus gleichem Anlass auch später noch die Gemeinnützigkeit entziehen. In der Regel hat es aber nach der Satzungsprüfung dafür keinen unmittelbaren Anlass.

Quelle: Vereinsknowhow

Götz Löding-Hasenkamp

Partner, Geschäftsführer, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

0211 - 172 98 - 120

hasenkamp@crowe-bpg.de

Horst Hartung

Geschäftsführer, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

0211 - 172 98 - 0

hartung@crowe-bpg.de

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Akzeptieren